Biblischer Impuls

Adam

Unsere vitalen Lebenskräfte können in langanhaltenden Krisenzeiten wegfließen. Woher bekommen wir neue Kraft?

Eine existenziell bedrohliche Schwächung muss auch eine Frau bewegt haben, von der der Evangelist Markus berichtet: seit 12 Jahren litt sie an einer Krankheit, die von keinem Arzt geheilt werden konnte. Ihre krankhaft starken Blutungen hatten sie nicht nur körperlich geschwächt. Sie machten sie nach jüdischem Gesetz „unrein“. In permanenter Unreinheit zu leben, hieß für sie, von der Gesellschaft und allen religiösen Festen ausgeschlossen zu sein und das Heiligtum nicht betreten zu dürfen. Wen sie berührte, den machte sie ebenfalls „unrein“.

So ist es nachvollziehbar, dass sie sich nur „von hinten“ an Jesus, den Rabbi herantraut, von dem sie gehört hatte (Mk 5,27).  Damit überschreitet sie eine Tabu-Grenze. Und Jesus? Im Menschengedränge um sich herum spürt er diese Berührung und sucht, wer es war. Als er sich nach der Frau umschaut, kommt sie von sich aus auf ihn zu und traut sich, sich ihm mit ihrer „ganzen Wahrheit“ (Mk 5,34) zu zeigen. Und sie findet, wonach sie getastet hat. Sie weiß sich gesehen, verstanden, geheilt, zugehörig und im Frieden mit Gott: „Meine Tochter, dein Glaube hat dir geholfen“.

Welchen Mut es diese Frau, die dabei war auszubluten, gekostet haben muss, nur Jesu Gewand zu berühren… Aber nur weil sie sich DAS erlaubt hat, sich diese Kraft zu NEHMEN, konnte sie ihr zufließen: „Im selben Augenblick spürte Jesus, dass eine Kraft von ihm ausströmte“ (Mk 5, 30).

Woher kommt unsere Lebenskraft? Bei allen medizinischen, sportlichen, ernährungsbewussten, spirituellen… Bemühungen können wir sie bestenfalls stärken, letztlich aber ist sie uns unverfügbar.  Im Urtext nennt Markus die fließende Kraft „DYNAMIS“. Wir Deutschen hören Dynamik mit und Energie. Für die Zeitgenossen damals ist es „Heilige Geistkraft“, die ausströmt, wie Paulus sie im Römerbrief nennt: DYNAMIS Gottes (Röm 1,4.16).

Wo Mensch und Gott sich berühren, da fließt göttliche Lebenskraft. Mit Mechthild von Magdeburg glaube ich, dass nicht nur wir uns in der Zeit multipler Krisen nach neuen Kräften sehnen und nach göttlicher Berührung. Mechthild meint, dass auch Gott sich nach uns sehnt: „Gott hat an allen Dingen genug, nur allein die Berührung der menschlichen Seele wird ihm nie genug“.

So gilt es, das Gewand Gottes zu berühren, zur Not auch nur einen Zipfel, vielleicht auch nur von hinten… mutig heilsame Kraftfelder zu ertasten, in die sich Gott heute hüllt.