Kleinste Bewegungen bringen mich in Fluss
Seit vielen Jahren bin ich auf Entdeckungsreise mit meinem Körper. Nie hätte ich gedacht, dass er mich zu einer völlig neuen Lebensqualität führen würde. Nicht Fitness-Steigerung, sondern Langsamkeit, feinste Bewegungen und tägliche Übung sind dabei der Schlüssel.
Bei den sanften Übungen (vgl. Ablaufbeispiel unten) achte ich darauf, ob aus meinem Körper Impulse zu eigenen Bewegungen kommen. Manchmal spüre ich das Bedürfnis, mich zu strecken oder ich will mich ganz klein machen, mich umarmen. Einzelne Muskeln wollen sich auf einmal bewegen oder sich für eine kurze Zeit kräftig anspannen, um dann wieder loszulassen. Die inneren Impulse haben stets Priorität, denn durch sie kommuniziert mein Leib mit mir. Es geht nicht darum, ein Übungspensum zu absolvieren oder Leistung zu erbringen. Die Achtsamkeitsübungen können mir stattdessen erlauben, mit meinem Körper ins Gespräch zu kommen. Er meldet, was er braucht und ich gebe diesen Signalen nach.
Die kleinen Übungen stammen aus verschiedenen Methoden: Eutonie, Achtsamkeitstraining, progressive Muskelentspannung und vor allem aus dem traumasensiblen Yoga. Sie schenken dem Körper Aufmerksamkeit und sind ein Element der Selbstfürsorge. Indem wir uns vom Boden getragen wissen, können sie auch Vertrauen schenken. Die kleinen Pendelbewegungen balancieren uns aus, sie bringen uns in Fluss. Dabei spüren wir vielleicht die Verbindung von Körper, Atem und Seele und fühlen uns ganz. Das Spüren des Körpers geschieht immer im Hier und Jetzt, d.h. wir sind dabei präsent.
Mir half und hilft dieser Weg, mich mit meinem Leib zu versöhnen. Er ist mir zu meinem wichtigsten Verbündeten im Leben geworden. Unser Körper hat eine Weisheit, die mit dem Verstand nicht zugänglich ist. Wenn ich ihm zuhöre, gibt er mir wertvolle Hinweise, auch für meinen spirituellen Weg. Wenn ich den Boden erfahre, Vertrauen spüre, wahrnehme, wie ich präsent bin, trete ich in Resonanz mit dem Göttlichen in mir und in allem. Und manchmal öffnet sich so ein Zugang zu meinem hörenden Herzen. Impulse aus der Quelle steigen auf und Mut, sie wahr- und ernst zu nehmen.
Ohne die Körper-Achtsamkeitsübungen könnte ich persönlich nicht mehr leben. Über meinen Körper spüre ich immer wieder zurück zu meiner Verwurzelung, meiner Anbindung zum Göttlichen und meiner Verbundenheit zu anderen Menschen und zur Welt. Diese Erfahrung schafft in mir Ur-Vertrauen und Zuversicht für die Zukunft, das größte Geschenk, das ich vom Leben erhalten habe.
Ein Beispiel: Ich liege auf dem Rücken und versuche die Auflageflächen meines Körpers zu spüren. Wie fühlt sich heute der Kontakt zum Boden an? Ich stelle meine Beine auf und fange an, langsam mit den Knien nach links und nach rechts zu pendeln. Was spüre ich dabei in meinem unteren Rücken? Ich lasse die Pendelbewegung langsam zur Ruhe kommen und horche erneut in meinen Leib hinein. Was macht mein Atem? Ich nehme ihn wahr, ohne ihn steuern zu wollen. Lasse mir Zeit dabei. Kann ich meinen Atem im Körper spüren, im Bauch, wie er sich hebt und senkt, oder eher im Brustkorb? Dann umfasse ich meine Knie mit beiden Händen und führe sie zur Brust. Mein Körper ist in der Haltung wie ein Päckchen, ganz in sich geschlossen. Fühlt sich jetzt mein Atem anders an? Ich strecke jetzt meine Arme aus – die Knie immer noch umfasst – und nehme den Raum wahr, der dadurch in Bauch und Brust entsteht. Dann führe die Knie wieder zurück zur Brust. Diese Bewegung der Knie zur mir und von mir weg ist wie eine Wiege und jedes Mal massiert der Boden meinen unteren Rücken. Will sich mein Atem vielleicht dem Rhythmus der Bewegung anpassen?