Nach der Sommerferienzeit hat der Alltag wieder seine gewohnte Taktzahl aufgenommen. Für manche hat sich diese sogar drastisch erhöht, nicht nur äusserlich, sondern auch innerlich. Immer beunruhigender werden die Neuigkeiten aus aller Welt. Öfter höre ich Menschen sagen: „Nachrichten? Das mute ich mir bestenfalls noch einmal am Tag zu! “ Weiterlesen

Exerzitien auf der Insel Wangerooge

Ich habe die Insel gefunden,
den Ort,
wo das Wort,
das Erde und Himmel
am Leben erhält,
aus der Tiefe steigt,
aus der Höhe fällt.
Himmel und Welt
sind in mir jetzt verbunden.
Ich habe meine Insel gefunden.

SILJA WALTER

Die benediktinische Ordensfrau Silja Walter hat „ihre Insel“ gefunden. Oft schon hat uns dieser Text bei den Inselexerzitien auf der Insel Wangerooge begleitet. Diese finden seit vielen Jahren regelmässig auf der ostfriesischen Nordseeinsel statt und wer schon einmal dabei war, weiss um die Qualität dieses besonderen Ortes für die Exerzitien. Meiner inneren Balance tut es gut, wenigstens einmal im Jahr das Festland zu verlassen. Äusserlich – aber auch innerlich: einmal bewusst wahrzunehmen, was in meinem Leben „Festland“ (festgefahren) ist und wo es neue Horizonte und Perspektiven braucht. Die Insel und das Meer sind auf eindrückliche Weise Orte, um dem Leben und der eigenen Lebendigkeit wieder auf die Spur zu kommen. Sie geben viel Raum, den Alltag hinter uns zu lassen, tief durchzuatmen und das Leben neu auszurichten. Im Kontakt mit der Natur, der Weite des Meeres und im Hineinhorchen in mich selbst kann ich  neue Impulse und Energie für meinen Alltag schöpfen.

Die lange Anreise hilft dabei, den Alltag wirklich hinter sich zu lassen. Und bei der Ankunft auf der Insel lautet die erste Botschaft, die alle Anreisenden am Schiffsanleger erwartet:

Entschleunigung ist also angesagt. Das wird bereits deutlich, wenn das Inselbähnchen im Schritttempo durch die Salzwiesen Richtung Inselmitte tuckert. Am Sonntag Abend nach dem ersten offiziellen Gruppentreffen beginnt dann das durchgehende Schweigen, welches dazu verhilft nach innen zu hören und die ungewohnten Klänge der Natur wahrzunehmen. Die Wellen, den Wind, die Vögel …
Die feste Tagesstruktur bietet einen sicheren Rahmen – die gemeinsamen Meditations- und Austauschzeiten am Morgen und Abend lassen Gemeinschaft erleben. Dazwischen gibt es jede Menge Raum, die Insel zu entdecken und Gott in der Natur und im eigenen Leben auf die Spur zu kommen. Aber es ist auch herausfordernd, auf sich selbst zurückgeworfen zu sein und plötzlich dieser Freiheit und Weite ausgeliefert zu sein.
Auf der Insel zu sein, bedeutet auch, sich Wind und Wetter auszusetzen und sich abhängig zu wissen von den Gezeiten. Das Kommen und Gehen von Ebbe und Flut bringt uns in eine neue Balance, wenn wir spüren, was es loszulassen gilt und was neu werden will in unserem Leben. So können für alte Probleme und Sichtweisen neue Perspektiven gewonnen werden.

 

Die nächsten Inselexerzitien finden statt:

Zu dieser Zeit gibt es keine Veranstaltungen

Vor vielen Jahren hatte ich das große Glück, bei einer Gehmeditation mit Thich Nhat Hanh mit 200 Menschen mitten durch Berlin zum Brandenburger Tor zu gehen. Ganz da sein, bewusst die Erde mit jedem Schritt berühren, bewusst jeden Atemzug genießen und gleichzeitig ganz in Verbindung sein mit der Umgebung. Ich fand es sehr herausfordernd in diesem Lärm der Stadt. Am Ende im großen Kreis sagte Thich Nhat Hanh strahlend: Habt ihr es auch so genossen wie ich? Weiterlesen

Balance finden zwischen Tradition und Reformation

Die Allianz Gleichwürdig Katholisch – kurz AGK – ist eine neue, wachsende, gesamt-schweizerische, reformkatholische Organisation und kämpft  in der römisch-katholischen Kirche. für #GleicheWürdeGleicheRechte

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Unsere Zeit macht immer drängender bewusst, dass das menschliche Leben eine neue Ausbalancierung braucht. Individuelle und kollektive Herausforderungen zur Wandlung sind dabei eng miteinander verwoben. Als langjährige Prozessbegleiterin möchte ich dazu einige Gedanken aus dem reichen Schatz des Traumawissens weitergeben.

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Mit viel Zuversicht und Hoffnung im Herzen haben wir vor Jahren gesungen: «Wenn eine/r alleine träumt, ist es nur ein Traum, wenn viele gemeinsam träumen, so ist der Beginn einer neuen Wirklichkeit. Träumt unsern Traum.» Worte von Dom Helder Camara – als Kanon – siebenstimmig! Es war erhebend und löste oft in mir einen «metaphysischen Schauer» aus, denn ich sah vor mir den blauen Erdplaneten als einen bewohnbaren Hoffnungsort für alles, was lebt. Ebenso oft sprachen wir in unseren Gottesdiensten auch das Gebet der UNO:

„Unsere Erde ist nur ein kleines Gestirn im grossen Weltall.
An uns liegt es, daraus einen Planeten zu machen,
dessen Geschöpfe nicht von Kriegen gepeinigt werden,
nicht von Hunger und Furcht gequält,
nicht zerrissen in sinnlose Trennung
nach Rasse, Hautfarbe oder Weltanschauung.
Gib uns den Mut und die Voraussicht,
schon heute mit diesem Werk zu beginnen,
damit unsere Kinder und Kindeskinder
einst stolz den Namen «Mensch» tragen.“

Es gab eine Zeit voller Hoffnungen für das vielfältige Miteinander; es gab jedoch auch Stimmen der Sorgen und Bedenken, dass Bedrohungen durch weltweite Krisen zunehmen könnten, die bereits vor 50 Jahren der «Club of Rome» mahnend auflistete: Zunahme kriegerischer Auseinandersetzungen, klimatische Veränderungen, Hungersnöte und Migration, Artensterben usw.

Heute scheint unsere Welt aus der Balance zu sein: die Angst wächst, denn die Entwicklungen sind dramatisch. Tagtäglich, Stunde um Stunde wird darüber berichtet. Ich brauche die Bedrohungen nicht aufzählen, wir kennen sie. Immer wieder bleibe ich bei dem Wort Klimakrise hängen. Wir sprechen nämlich auch davon, dass ein Raum ein gutes oder weniger wohltuendes Klima habe, dass in Gruppen, Familien, in Gemeinden (k)ein gutes (psychosoziales) Klima herrsche, weil eben «der Haussegen schief hängt».

Ich gehe oft am Rhein in Basel spazieren, gehe vor mich hin, schaue mich um, denke dies und das oder denke auch nichts. Häufig verweile ich vor einer Skulptur auf dem Kinderspielplatz an der Wettsteinbrücke. Schaue und bin gleichzeitig sehr nachdenklich.

Neulich, ich stand wieder stand da und schaute. Kinder spielten innig mit viel Rufen, Lachen und Jauchzen. Froh und glücklich! Ein Kind klettert auf die Skulptur, kuschelt sich in die segnenden übergrossen Hände, patscht mit den Händen auf das Brot im Schoss und schreit: «Mama, Mama Brot!» Dieses Kind wird sein Brot bekommen.

Weltweit sterben täglich 7000 Kinder an Hunger (UNICEF) ca. 900 000 Millionen Menschen haben nicht genug zu essen; jeder siebte Mensch hungert. Infolge von Hunger, klimatischen Veränderungen, Krieg und kriegerischen Auseinandersetzungen befinden sich weltweit ca. 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Erschreckend, erschreckend.

Verständlich, dass Sorge und Not um die Zukunft von Erde und Menschheit wachsen. Denn es ist unsere einzige Erde, von der und auf der, wir leben. Verstärkt werden unsere Ängste durch die Gewissheit, dass ein Teil dieser Bedrohungen menschengemacht ist. «Was wir zerstören, zerstört uns» (WWF)

Wer und was wird uns retten? Valerie Heussler gab ihrer Skulptur den Titel: «Der Auftrag/Brot teilen». Die übergrossen Hände schweben segnend über dem Brotlaib. Werden wir/werde ich, dem Auftrag gemäss, das gesegnete Brot teilen? Werde ich auch mein Haben, materielles und immaterielles teilen?  Auch das teilen, was wirklich Leib und Seele nährt, was Segen bringt und guttut, anderen und auch mir?

Was wäre, wenn Träume war würden?

Mich persönlich bewegt die Skulptur auch zum Nachdenken über ein existentielles Mehr: wir können füreinander nährendes Brot und Segen sein. Vor meinen Augen erscheint wieder der hoffnungsblaue Planet Erde mit allem, was darauf lebt. Ich wage es kaum auszudenken und auszusprechen: wie wäre es, wenn wir füreinander nährendes Brot wären, physisch und psychisch. Wir wären ein Segen für das menschliche Miteinander und würden auch kreative Lösungen für unsere vielfältigen Konflikte und Differenzen finden. Ein Traum? Nun, wenn viele gemeinsam träumen, gibt’s eine neue Wirklichkeit! Was für eine klimatische Veränderung ist da möglich.

Noch ein existentielles Mehr gibt es für mich, wenn ich an Brot und Segen denke und das, was mich nährt:

Mein Nachtessen, mein Abendmahl

Eine Tasse heissen Wassers

Ein Scheibe trockenen Brotes mit Nüssen

Ich bin ganz ruhig, betend

Denn ich trinke und esse Gott

Impuls zum persönlichen Nachsinnen:

Was nährt Sie, Euch, Dich?

Was und wen möchten Sie/ möchtest Du segnen?

Enorme Hitze in völliger Dunkelheit. Ich sitze eng zusammen mit anderen Teilnehmern auf der Erde im Kreis. Wir sind leicht bekleidet, in der Mitte der kleinen Kuppel, unter der wir […]

Der Körper als Schlüssel zu spirituellen Erfahrungen

Viele gläubige Menschen finden Trost in schwierigen Zeiten in der Bibel, z.B. im Psalm 23. Die Hirnforschung hat gezeigt, dass gelebte Spiritualität positiv auf das Nervensystem und die Fähigkeit zur Stressregulierung wirkt. Aber wie ist es umgekehrt: Können Körpererfahrungen spirituelle Erlebnisse fördern? Als Psychotherapeutin treibt mich diese Frage schon lange um, begegnen mir doch viele Menschen, die sich damit schwertun, in ihrer seelischen Krise einen Zugang zum Glauben zu finden. In diesem Zusammenhang finde ich den Ansatz des sog. „Embodiment“ sehr spannend. Weiterlesen

Seit vielen Jahren bin ich auf Entdeckungsreise mit meinem Körper. Nie hätte ich gedacht, dass er mich zu einer völlig neuen Lebensqualität führen würde. Nicht Fitness-Steigerung, sondern Langsamkeit, feinste Bewegungen und tägliche Übung sind dabei der Schlüssel.

Bei den sanften Übungen (vgl. Ablaufbeispiel unten) achte ich darauf, ob aus meinem Körper Impulse zu eigenen Bewegungen kommen. Weiterlesen

„Manchmal stehen wir auf
stehen wir zur Auferstehung auf
mitten am Tage
mit unserem lebendigen Haar
mit unserer atmenden Haut.“

So schreibt Marie-Luise Kaschnitz in einem bekannten Gedicht.

Und manchmal stellt es mich auf! Da bricht ein Angriffskrieg aus, der in einem solchen Maß willkürlich angezettelt und brutal ist, dass alles in mir dagegen revoltiert und sich aufstellt zum Widerspruch und zur Solidarisierung mit den Opfern. Solches Aufstehen mitten im Leben ist ein Aufstand gegen Todesmächte.

Die Gedichtzeilen von Marie-Luise Kaschnitz verbinden ein Aufstehen mit Auferstehung, die mich verwandelt und a u f -gehoben sein lässt mit alldem, was mich ausmacht.

So werden die biblischen „Aufstehgeschichten“ (z.B. von der gekrümmten Frau und der Tochter des Jairus) immer auch als Auferstehungsgeschichten gelesen, weil diese Heilungen in eine neue Lebendigkeit und ein neues Leben führen, heraus aus der Enge des Todes.

Das eigentlich weihnachtliche Bild des Meisters von Autun zeigt etwas Ähnliches: die drei Könige stecken unter einer Decke auf ihrem von einem Stern gewiesenen Weg, und einer öffnet gerade die Augen, weil ein Engel ihn aufweckt, indem er ihn am kleinen Finger berührt. Eine großartige Bildidee, die zeigen möchte, wie einer kleinen Berührung eine wahrhafte Aufsteh- und Auferweckungsenergie innewohnen kann.

Im Ersten Testament beginnt für den Propheten Ezechiel sein Engagement für Gott und die Menschen mit dem Aufstehen. Nachdem er bei seiner ersten Begegnung mit Gott zunächst auf sein Gesicht gefallen war, fordert ihn DIE STIMME auf: „Stell dich auf die Füße, Mensch; ich will mit dir reden.“ (Ez 2,1) Und als Gott das zu ihm sagt, kommt Geist in ihn und stellt ihn auf die Füße. Von da an handelt er als neuer Mensch. Eines der stärksten Zeichen für ein solches neues, aufgewecktes, auferstehendes Leben ist für die Theologin Dorothee Sölle die Praxis der Solidarität: „Wo Solidarität geschieht, da ist Auferstehung. Wenn wir die Neutralität des Schweigens brechen und die Komplizenschaft mit dem Unrecht verlassen, dann beginnt das neue Leben. Menschen, die zuvor unsichtbar und vergessen waren, werden selbstbewusst und finden ihre Sprache. Sie stehen für ihre Rechte auf, und dieses Aufstehen, dieser Aufstand ist ein Zeichen der Auferstehung.“

„Stell dich auf die Füße, Mensch!“ und schmecke von dem, was die Bibel „Auferstehung“ nennt.

Lisa und Norbert Lepping